So, nachdem ich mir "Ultra" die letzten Wochen mehrmals intensiv angehört habe, werde ich nun auch mal meine Meinung dazu abgeben. Ich mache es diesmal aber etwas anders als sonst und werde nicht großartig verraten was sich hinter manchem Lied verbirgt, ihr sollt eure Köpfe ruhig selbst mal zerbrechen.
Los gehts!
Ultra Disc A
01. Sternenkinder
Der Opener, den man schon von der gleichnamigen EP kennt. Es wird eine sehr ernste Thematik behandelt, die bei so manchen Eltern sicher für nasse Augen sorgt. Solider Song, aber Live gefällt er mir irgendwie besser.
02. Bruderherz
Als ich das Video zum ersten mal sah, ein paar Tage bevor ich in den Live-Genuss des Songs kam, da wusste ich irgendwie schon, das "Ultra" sehr abwechslungsreich sein wird und das eventuell die Härte was den Sound angeht, ein klein wenig runtergeschraubt sein könnte. Dafür glänzt dieser Song mit einem sehr mitreissenden Tempo, der einen einfach nicht ruhen lässt. "Bruderherz" ist definitiv mein absoluter "Ultra"-Favorit, ob auf dem Album oder Live. Ich geh sogar so weit zu sagen, das "Bruderherz" mein absoluter "Live-Abgeh-Favorit" ist, nachdem "OF08" leider von der Setliste weichen musste. Wirklich eine geniale Nummer, sei es textlich oder musikalisch.
03. Fiesta de Sexo
Ja was soll ich dazu groß sagen? Ich verstehe noch nicht mal die Hälfte, aber hey, muss ich das? Man kann sich denken worum es geht und er macht einfach Spaß, ganz besonders Live ist er wirklich geil. Muss einem das spanisch vorkommen? No Senor!
04. Afrika
Ich muss zugeben, diesen Text musste ich mir mehrmals durchlesen und irgendwie lässt er wirklich sehr viele Interpretationsmöglichkeiten. Schwarzer Humor? Nun, ein Begriff der in Anbetracht des Song-Titels vielleicht etwas falsch gewählt erscheint, aber es ist einfach so. Musikalisch ist er definitiv hart und exotisch. Der Text bleibt einem noch lange im Kopf und man erwischt sich dabei, wie man grübelt und nachdenkt darüber. "Fleisch ist meine Religion", Herrmann zelebriert eine Messe, Amen!
05. Moldau
Diesen Song habe ich mit Sehnsucht erwartet, nachdem er mir in der Orchester-Version von der "Sternenkinder-EP" schon sehr gut gefiel. Eine alte Idee in einem neuen Gewand. Ich sag es wie es ist, bei der letzten Strophe bekam ich eine Gänsehaut. Wirklich ein sehr starker Song, der Live auch sehr toll rüber kommt.
06. Krüppel
In Zeiten wo eine "Schlecht-Wetter-Band" mit einem ähnlichen Begriff (ihr wisst schon, der ein Instrument spielt) die Jugendschützer erregt, könnte dieser Song, dank des Textes und der Thematik, schon wieder so ein typischer Aufreger sein. Aber egal, Provokation ist NDH, NDH ist Provokation. Nach mehrmaligem hören ist er mir dank der einprägsamen Melodie schwer im Kopf geblieben. Mal etwas ruhig und langsamer, aber sehr aussagekräftig.
07. Suizid
Meiner Meinung nach, eine sehr starke Ballade mit einem sehr ernstzunehmenden Hintergrund. Am Ende dieses "...going down the Road..." das erinnert mich irgendwie an eine Shanty/Folk-Rock-Ballade. Sehr stark!
08. Fick dich
Boah leck mich am A...Abend. Als ich den Song Live gehört hab, da hab ich gedacht: "Jawoll, SO muss NDH klingen. Auch wenn ich finde, das er textlich recht zweischneidig geworden ist. Denn ein klares, unverblümtes "FICK DICH!" und dazu dann diese Zweideutigkeiten mit ausgesaugten Aalen usw., könnte sich eventuell ein bisschen beißen. Aber das ist mir sowas von egal, "Fick dich" ist ein saugeiler Ohrwurm und wem es nicht gefällt... na ja, ihr wisst schon.
09. Volksmusik
Wir gehen gemeinsam in die 80er. Elektronische Klänge eröffnen diese Hymne und begleiten sie bis zum Schluss. Wie auf einer (neuen deutschen) Welle gleitet der Text dahin. Nach dem ersten hören fand ich "Volksmusik" noch nicht so prickelnd, aber nach mehrmaligem hören weiß er durchaus zu gefallen. Besonders gut gefällt mir der Text und der Gesang.
10. Blitzkrieg
Erinnert mich von der Art her irgendwie an "Perfekt". Sehr gelungen, aber nicht der beste Song von "Ultra". Was allerdings heraussticht ist der Begriff. So ein Song auf einer Tracklist zu lesen ist provokationstechnisch nie verkehrt.
11. Nein
Ein recht einfacher Song, musikalisch wie textlich. Mit dem werde ich irgendwie nicht so richtig warm, tut mir leid.
12. Klassenkampf
Ein sehr starker Text, der wieder sehr zum nachdenken anregt. Besonders passend ist der weibliche Gesangspart von Sara Noxx, wie bereits bei "Sternenkinder". Sehr solide.
13. Siebenbaum
Bei diesem Song, habe ich echt lange gebraucht, bis ich dahinter blicken konnte und ich habs selbst jetzt noch nicht 100-Prozentig auf dem Schirm. Jedenfalls ist "Siebenbaum" mal etwas ganz ausgefallenes in der "Ost+Front"-Diskographie. Musikalisch sehr ruhig und einfach anders. Übrigens, war "Siebenbaum" nicht ein giftiger Strauch?
Ultra Disc B
01. Triebwerk
Geiler Text und ein geiles Tempo. Hört sich manches auch recht konfus an, so blickt man doch spätestens nach dem zweiten hören durch, worum es in "Triebwerk" geht.
02. Wasser marsch
Wow, was ist da denn los? NDH meets Power Metal? Na wenn das nicht nach meiner Nase ist, dann weiß ich es auch nicht. Klingt als hätten Till L. und Tarja T. ein Kind gezeugt und im Hintergrund liefen die "blinden Wächter". Geht mir richtig gut ab. "Wasser marsch" ist für mich persönlich das Highlight der Bonus-CD.
03. MNSTR
Wieder so ein kranker Text, bei dem man grübeln muss. Musikalisch ist er zwar nicht der beste Song, aber dennoch sehr gelungen.
04. Sternenkinder Orchester-Version
So Orchester-Versionen von härteren Songs sind eigentlich nie verkehrt. Gefällt mir sehr gut.
05. Klassenkampf Instrumental
Auch nicht verkehrt.
06. Bitte schlag mich Stimmgewalt-Coverversion
"Bitte schlag mich" als Chor-Version ist echt mal was anderes. Nicht schlecht, gefällt mir jedenfalls besser als so manche andere Version des Liedes.
Fazit: "Ost+Front" haben diesmal sehr viel experimentiert und das Ergebnis kann sich hören lassen. "Ultra" glänzt durch seine Vielfältigkeit und durch seine sehr aussagekräftigen und provokanten Texte. Provokant in vierlerlei Hinsicht. Liest sich die Tracklist doch fast schon, wie eine Produktion aus der rechten Ecke (Blitzkrieg, Volksmusik, Klassenkampf), so das mancher Aussenstehender, geblendet vom Namen, fröhlich die Vorurteils-Keule schwingt. Doch wir wissen es natürlich besser. Wenn sich wieder so ein Spinner darüber echauffiert, ist das die beste Werbung die man bekommen kann. Das hat ja schließlich bei vielen anderen Bands auch schon geklappt. "Ost+Front" sprechen wieder Themen an, die so mancher nicht mal mit der Kneifzange anfassen, geschweige denn vertonen würde. Sicher hat "Ultra" auch den ein oder anderen schwachen Moment, doch Lieder wie "Bruderherz", "Moldau", "Fick dich" oder "Afrika" heben das Album jederzeit empor.
Noch ein Wort an alle Nörgler. Jemand der sagt, das ihm die alten Alben besser gefallen, das ist hinterher genau derselbe, der sagt, das alles gleich klingt, wenn nicht mal was neues ausprobiert wird. Solchen Leuten kann man es nie recht machen. Einfach ignorieren und nichts drauf geben.
Ich finde, "Ultra" ist wirklich wieder mal ein sehr gelungenes Werk, ein fest gemeißelter Stein auf der Stufe des Weges, den "Ost+Front" gehen. Wer weiß wohin der Weg noch führen mag, wir gehen ihn jedenfalls alle gemeinsam.